Warum Pflanzen geschnitten werden
Garten ist nicht gleich Natur – ein Ort der gezielten Gestaltung
Ein gepflegter Garten spiegelt die Vision einer idealisierten Natur wider. Während wildwachsende Pflanzen natürliche Gleichgewichte selbst herstellen, erfordert ein Garten stetigen Eingriff, um seine Struktur und Ästhetik zu bewahren. Pflanzen, wie Formschnitte oder Hybriden, gäbe es in dieser Form ohne menschliche Pflege nicht.
Ziele des Schneidens
- Verjüngung: Förderung neuer Triebe für mehr Vitalität.
- Formgebung: Exakte Konturen für Hecken oder Formschnitte.
- Blüten- und Fruchtbildung: Optimierung des Ertrags bei Obstgehölzen.
- Größenkontrolle: Begrenzung des Pflanzenwachstums.
- Entfernung: Abgestorbene, störende oder kranke Pflanzenteile.
Merke: Jeder Schnitt beeinflusst die Pflanze. Schneiden ohne klares Ziel ist nicht nur unnötig, sondern schädlich.
Botanische Grundlagen des Schnitts
1. Die Wurzel und die Krone
Wurzel und Krone stehen in Wechselbeziehung: Jede Veränderung an der Krone beeinflusst das Wurzelwachstum. Permanente Größenreduzierung ist nur möglich, wenn auch die Wurzeln geschnitten werden. Pflanzen richten ihre Triebe stets zum Licht aus, weshalb bedrängte Gewächse nach außen wachsen.
2. Triebe und Knospen
- Erstes Jahr: Längenwachstum.
- Zweites Jahr: Dickenwachstum und Verzweigung.
Frühjahrsblüher bilden Blütenknospen bereits im Vorjahr, Sommerblüher treiben Blütenknospen erst im Wachstum aus. Daher bestimmt die Blühzeit den optimalen Schnittzeitpunkt.
3. Energiehaushalt und Saftstrom
Im Frühjahr fördert der Saftdruck das Wachstum. Werden Pflanzen vor dem Austrieb geschnitten, ist die Wachstumsreaktion stärker. Späterer Sommerschnitt führt zu einer schwächeren Reaktion, fördert aber die Wundheilung. Gehölze mit starkem Saftdruck (z. B. Walnuss) sollten nur im Sommer geschnitten werden.
4. Wundreaktionen und Schnitttechnik
Pflanzen verschließen Wunden mit Kallusgewebe. Saubere, glatte Schnittflächen mit scharfem Werkzeug minimieren das Risiko für Pilzinfektionen. Schnitte im Starkholz sollten nur im Notfall erfolgen – dabei Stummel stehen lassen, um Pilzbefall zu verlangsamen.
Praxis-Tipps für den Pflanzenschnitt
1. Schnittzeitpunkte je nach Blüte
- Frühjahrsblüher (Forsythie): Schnitt nach der Blüte.
- Sommerblüher (Hibiskus): Frühjahrsschnitt fördert Neuaustriebe.
- Remontierende Rosen: Jährlicher Frühjahrsschnitt sorgt für eine zweite Blüte.
2. Formen und Pflege von Gehölzen
- Sträucher mit Bodentrieben (Himbeeren): Entfernen alter Triebe.
- Schwach verzweigte Sträucher (Johannisbeere): Rückschnitt auf junge Austriebe.
- Starkes Gerüst (Schneeball): Oberes Auslichten für mehr Licht.
- Kletterpflanzen (Blauregen): Kombination aus Gerüst- und Seitentriebschnitt.
3. Obstgehölze
Vitales Fruchtholz fördern: Einjährige Triebe bei Kirschen entfernen; zweijähriges Holz blüht besser.
Fazit: Gärtnerisches Wissen und gezieltes Vorgehen sind der Schlüssel zum Erfolg. Planen Sie Ihre Schnitte strategisch, um gesunde, blühfreudige und formschöne Pflanzen zu erhalten.